Hallenliga #2 – der zweite Vorrundenspieltag
von Benedikt Kriwet
Am letzten Donnerstag trat die Hallenligamannschaft des JFK zu ihrem zweiten Vorrundenspieltag des prestigeträchtigen HU-Hallenturniers an. Wie durch die Tagespresse bereits vermutet, musste termin- und verletzungsbedingt am Aufgebot des ersten Spieltages gebastelt werden, sodass der Torhüter und gleichzeitig Verfasser dieses Textes als einziger Spieler des Vorwochenkaders nominiert werden konnte.
Nur Stunden vor Beginn wurde mit Tobias Karich ein zurzeit vereinsloser Spieler auf Leihbasis verpflichtet. Die Fachmagazine überschlugen sich bei ihren Spekulationen über die Leihgebühr, zwischenzeitlich wurde eine ganze Kiste Berliner Kindl gehandelt.
„Über genaue Zahlen möchte ich jetzt gar nicht sprechen, aber ich kann auch nicht dementieren, dass da was geflossen ist“,
ließ sich der Teammanager vor der Abreise zitieren. Um einer unerwarteten Niederlage am grünen Tisch noch vor Anpfiff des ersten Spiels zu entgehen, wurden noch im Spielertunnel Spielberechtigungsanträge ausgefüllt. Nach einem Gespräch mit Andreas Möller legten die Offiziellen dabei dem JFK lobenswerterweise keine Steine in die Beine.
Im ersten Spiel des Abends sahen die Bebelplatzbrasilianer den Mannen der Mannschaft mit dem wohlklingenden Namen „Elternabend“ in die Augen. Den Schlachtenbummlern im weiten Rund wurde schnell klar, dass es nicht die Juristen waren, die das Schießpullver erfunden haben. Aus halblinker Position zog der gegnerische Stürmer an Leihspieler Karich vorbei, schoss mit Urgewalt auf Tor und scheiterte mit lautem Krachen am Pfosten. Keine Minute später rettete Karich, der sich für größere Aufgaben empfahl, bei einem Nachschuss auf der Linie, nachdem Torwart Kriwet den Ball nur mit dem Fuß zur Seite abwehren konnte.
Im weiteren Spielverlauf fing sich die Truppe vom JFK und spielte – wie man das von Juristen gewohnt ist – mit viel Kreativität nach vorne. Doch keiner der Versuche erwies sich als zwingend. Nach dem Pausentee aber kam der „Elternabend“ mehr und mehr in Bedrängnis. Statt blauen Briefen verteilte die Mannschaft den Kickern in blau-weiß nun Fehlpässe, statt Elternbeschwerden eher Midlife-Crisis.
Was ein geblockter Schuss von Paul Harnisch nicht zu erzielen vermochte, erreichte ein Geniestreich von Henri Rudolf. Der erkannte den Torwart des „Elternabend“ bei einem Eckball so weit vor seiner Torlinie stehend, dass ihm, um David Seaman gegen Brasilien 2002 stilecht nachzuahmen, nur der Pferdeschwanz und der Schnauzbart fehlte.
Henri nutzte die Unaufmerksamkeit. Ein Olympico erzürnte den Hintersten. Die Versuche des „Elternabend“ wurden im folgenden Spielverlauf verzweifelter, die letzten Angriffe perlten an der souveränen Abwehr ab wie einzelne Regentropfen an der Multifunktionsjacke des durchschnittlichen Elternabendbesuchers.
Aron Ebert, aus der U23 zu der Mannschaft dazugestoßen, leistete starke Abwehrarbeit, genau wie Leihspieler Karich und der im Feld aufgebotene nominelle Torhüter Simon Bung, der die nicht genutzte späte Chance zum 2:0 auflegte. Auch das kongeniale Stürmerduo Harnisch/Rudolf wusste die Menge zu überzeugen. Das stellten sie im zweiten Spiel gegen die „Ferner Liefen Champignons“ unter Beweis.
Um Karl Heinz Bohrer zu bemühen, hatten beide in ihren plötzlichen Vorstößen „thrill“. Thrill, das ist das Ereignis, das nicht erwartete Manöver, das ist die Verwandlung von Geometrie in Energie, die vor Glück wahnsinnig machende Explosion im Strafraum, thrill, das ist die Vollstreckung schlechthin, der Anfang und das Ende. Und der thrill ließ die Abwehr der Ferner Liefen Champignons erzittern, war die Schussbahn versperrt, kam ein Pass in die Lücke, die niemand sah, war kein Passweg offen, folgte ein Schuss aus schier unmöglicher Position. Das Spiel gegen die Ferner Liefen Champignons zeigte allen Fußballbegeisterten die Tore erzwingende Dominanz einer Mannschaft, die den Ball zu streicheln vermag. Kurz vor der Pause spannten sich die Maschen zum 1:0 Führungstreffer der Juristen, eine symphonische Kurzpassstaffel fand die lange Ecke. Orgiastischer Jubel brach von den Rängen.
Im dritten Spiel warteten die „Dream Boys“, die der Squadra iurista in den ersten Vorrundenbegegnungen zwei schmerzhafte Niederlagen zugefügt hatten. Auf die auf Rache lauernden Blau-Weißen fiel ein antediluvianischer Angriffssturm, der bis zum Seitenwechsel in willensstarker kollektiver Abwehrleistung zurückgewiesen werden konnte. Paul Harnisch trotzte dem schmerzenden Knie, Henri Rudolf stieß mehrere ambitionierte Angriffe an, Bung, Karich, Ebert und Kriwet warfen ihre Körper in alles, was auf das Tor zugeflogen kam und wenige Augenblicke vor Abpfiff rettete wiederum das Aluminium für den geschlagenen Keeper Kriwet. Die aufopferungsvolle Mannschaft des JFK erkämpfte sich ein 0:0, das wie ein Sieg wirkte.
In der letzten Begegnung warteten noch einmal die Mannen vom „Elternabend“. Ohne Pause warf die Bebelplatzauswahl nach dem kräftezehrenden 0:0 alles in die Waagschale. Und das Glück des Tüchtigen zeigte sich noch in der ersten Halbzeit auf Seiten des JFK. Ein zu druckvoller Rückpass überraschte den „Elternabend“-Torhüter, der unter dem hohen Pressing des JFK-Angriffs nichts anderes tun konnte, als ein Eigentor zu schießen. Nach der Halbzeit rettete für die Blau-Weißen kein geringerer als das Aluminium nach einem gekonnten Heber.
Ein Reflex von JFK-Keeper Kriwet sowie eine abermals souveräne Abwehrleistung ließen keine weitere Torgefahr des „Elternabends“ zu. Als das wohlverdiente und überfällige 2:0 fiel, brachen alle Dämme. Selbst ausgewiesenen Experten fiel es schwer, ob die Menge nun den Bebelplatzbrasilianern an einem lauen Maiabend 2022 am Weidendamm oder den Beatles 1965 in der Carnegie Hall zujubelten. Mit 10 Punkten aus vier Spielen und ohne Gegentor konnte der JFK eine überzeugende Leistung auf das Parkett zaubern und lässt auf weitere Heldentaten hoffen. Eine bunt zusammengewürfelte Truppe hat heute alles gegeben, tollen Fußball gespielt und Fußballdeutschland gezeigt, dass Hallenfußball auch eine attraktive Alternative ist. Tage wie heute pushen uns für den Ligaalltag. „Morgen legen wir uns alle in die Eistonne und Samstag geht es in Neukölln weiter“, gab sich der Teammanager vor der Abreise mit dem Mannschaftsbus powered by BVGTM zuversichtlich.